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Leasing Symposium 2019

 

Univ.-Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels und Dr. Martin Starck

Leasing in Zeiten von Nachhaltigkeit und Sharing Economy

– Symposium des Forschungsinstituts für Leasing an der Universität zu Köln –

 

Leasing beruht seit jeher auf dem Grund­gedanken, dass es auf die Nutzung einer Sache, nicht auf das Eigentum ankommt. Diese Idee gewinnt heute unter dem Be­griff der Sharing Economy neue Beliebtheit. Der Trend zum Teilen und Leihen spie­gelt aber nicht nur veränderte Ge­wohnheiten wider, sondern eröffnet auch neue Möglichkeiten zu einem nachhal­tigen Wirtschaften. Dr. Mathias Wagner, CEO der CHG-MERIDIAN AG und Prof. Dr. Daniel Veit, Universität Augsburg, beleuchteten diese Entwicklung zum einen aus der Sicht eines Anbieters von IT-Leasing-Lösungen und zum anderen aus der wissenschaftlichen Perspektive.

Dass es effizient sein kann, Güter gemeinsam zu nutzen, ist keineswegs neu. Als Vorläufer dessen, was man heute als Sharing Economy bezeichnet, kann man beispielsweise die Allmende als eine von allen Gemeindemitgliedern gemeinsam nutzbare Weidefläche ansehen, die es bereits im Mittelalter gab. Durch die Kommunikationsmöglichkeiten, die das Internet in Verbindung mit mobilen Geräten bietet, hat der Gedanke der gemeinsamen Nutzung einen enormen Schub bekommen. Am deutlichsten sichtbar ist dies bei Gütern, die der Mobilität dienen. Car Sharing Anbieter haben sich heute in den Großstädten einen festen Platz erobert, Leihfahrräder gehören mittlerweile wie selbstverständlich zum Stadtbild und die Fortbewegung mit den neuartigen E-Scootern vollzieht sich fast ausschließlich auf der Basis der Sharing-Economy. Vor allem junge Menschen zwischen 18 und 39 Jahren nutzen die Sharing-Angebote. Die Börsenwerte von UBER, DiDi oder airbnb erreichen zweistellige Milliarden-Werte, obwohl diese Unternehmen kaum mehr als zehn Jahre alt sind. Prof. Veit zeigte in seinem Vortrag aber auch deutlich auf, dass dem Wachstum des Marktes Grenzen gesetzt sind. Nur in Großstädten mit hoher Bevölkerungsdichte wird das Car Sharing-Geschäft derzeit profitabel betrieben. Parkplatzprobleme und verstopfte Straßen führen in diesen Städten dazu, dass das eigene Auto mehr eine Last denn als ein Nutzen stiftendes Gut empfunden wird. Auch auf dem Markt der Anbieter von Leih-E-Scootern zeigen sich erste Konsolidierungstendenzen, ein sicheres Anzeichen dafür, dass der Markt Sättigungstendenzen aufweist.

Ein genauerer Blick zeigt, dass es Sharing Economy in ganz unterschiedlichen Facetten gibt. Formen der Sharing Economy lassen sich danach unterscheiden, ob sie mit kommerziellen Interessen verbunden sind, ob und in welcher Form es Kompensationsleistungen gibt und ob ein Transfer von Eigentumsrechten stattfindet. Akteure können ausschließlich Konsumenten sein, die sich zusammenschließen, um ein Gut gemeinsam zu nutzen, möglich ist aber auch, dass es einen kommerziellen Anbieter gibt, der gegen Gebühr die Nutzung für eine bestimmte Zeit erlaubt. So ermöglicht z.B. Freecycle einen Austausch von Gütern mit Eigentumsübergang, ohne das damit eine kommerzielle Absicht verbunden ist. Car Sharing Anbieter dagegen arbeiten nach einem völlig anderen Geschäftsmodell. Das Fahrzeug als gemeinsam genutzte Ressource ist Eigentum eines kommerziellen Anbieters, der das Fahrzeug gegen Zahlung einer Gebühr für eine zeitlich begrenzte Nutzung überlässt.

Der Siegeszug der Sharing-Economy wäre nicht möglich ohne die Nutzung moderner, Internet-basierter Kommunikationsformen. Internetbasierte Plattformen erleichtern das Zustandekommen von Tauschbeziehungen, da alle für den Austausch von Gütern notwendigen Informationen nahezu kostenlos allgemein verfügbar gemacht werden können. Solche Plattformen bieten aber auch die Möglichkeit, ergänzende Services anzubieten und stiften damit zusätzlichen Nutzen.

Das Internet bietet die Möglichkeit, dass Akteure, die bislang keinen persönlichen Kontakt hatten, miteinander in Austausch treten. Dies erleichtert zwar die Austauschmöglichkeiten, ist aber auch mit Unsicherheiten verbunden. Diese kann die Produktqualität oder die Zuverlässigkeit des Vertragspartners betreffen oder aber, wie z.B. bei der Online-Mitfahrzentrale BlaBlaCar sich auf die persönliche Chemie zwischen den Mitfahrern, die mehrere Stunden auf engstem Raum gemeinsam verbringen, beziehen. Sharing-Angebote werden sich langfristig nur dann durchsetzen, wenn für diese Unwägbarkeiten Lösungen gefunden werden.

Der Trend zur Sharing Economy steht zwar im Einklang mit dem Grundgedanken des Leasings, ist aber zugleich auch eine Herausforderung für die Leasingbranche. Der Trend zu Plattformlösungen bedroht die etablierten Geschäftsmodelle vieler Leasing-Gesellschaften. Die technologischen Entwicklungen ermöglichen, dass Teile der Wert­schöpfungskette ausgelagert werden und die damit verbundenen Ertragspotentiale den Leasing-Gesellschaften entzogen werden können. Daher empfiehlt Prof. Veit den Leasing-Gesellschaften, ihr Geschäftsmodell ständig neu in Frage zu stellen.

Dr. Wagner erläuterte, wie die Plattformtechnologie das Geschäftsmodell der CHG-MERIDIAN AG beeinflusst. Leasing entwickelt sich immer mehr weg von einem reinen Finanzierungsinstrument hin zu einem Nutzungskonzept mit Kreislauffunktion. Die CHG-MERIDIAN versteht sich als Dienstleister, der den Kunden ein effizientes Technologie-Management über den gesamten Lebenszyklus des Produkts anbietet. Zu den Dienstleistungen, die CHG-Meridian schon seit langem im IT-Leasing anbietet, gehören die zertifizierte Datenlöschung, die optische und technische Wiederaufarbeitung von Geräten sowie die Weitervermarktung. Auch beim Leasing von Flurförderfahrzeugen und im Bereich Health Care steht die effiziente Nutzung von Ressourcen sowie deren Wiederverwertung nach Ablauf des Leasingvertrages im Vordergrund. Durch die Mehrfachnutzung kann der Ressourcenverbrauch gesenkt und die Ökobilanz verbessert werden. Damit wird deutlich, dass Leasing das Potential besitzt, den Gedanken der Kreislaufwirtschaft umzusetzen und zu einem nachhaltigen Wirtschaften beizutragen. Mit fortschreitender Betonung der Nachhaltigkeit wird es in Zukunft darauf ankommen, dass sich Leasing-Unternehmen nicht nur als Finanzintermediär verstehen, sondern ihre Kompetenzen als Technologiemanager verstärken.

In der anschließenden Podiumsdiskussion, die von Herrn Dr. Starck, dem Präsidenten des Vereins zur Förderung des Forschungsinstituts für Leasing moderiert wurde, und an der neben den Referenten auch Prof. Hartmann-Wendels und Herr Wolfgang Pinner, BNP Paribas Lease Group, teilnahmen, wurde deutlich, dass die Sharing Economy zwar eine Herausforderung für die Leasing-Branche darstellt, die Leasing-Unternehmen diese Herausforderung aber als Chance für eine Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle nutzen sollten. Wenn sich Leasing-Gesellschaften zunehmend nicht nur als Finanzier, sondern als Asset-Manager verstehen, ist Leasing gut aufgestellt, wenn es darum geht, die gesellschaftspolitischen Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit zu erfüllen.